Wie gestaltet der Waldorfkindergarten sein alljährliches Sommerfest? Eindrücke von einem feierlichen Tag im Zeichen des Elements "Wasser" mit Spielstationen, Gesängen, Tänzen, Leckereien und so manchem Geheimnis der Kinder.

Sommerfest in Wonnewogen

Hand in Hand schreitet die Kindergartengemeinschaft in den fast verwunschenen Garten der Rattlerstraße 1. Ein langes Menschrinnsal an diesem heißen Julitag, das zu einer feierlichen Festgemeinde zusammengeflossen ist: Eltern, Kinder, Erzieherinnen, Familienmitglieder betreten diesen Ort heute singend. Jeder Gast ein Tropfen, der dieses Sommerfest zu einem schäumenden Meer an Begegnungen, kindlichem Staunen und süßen wie herzhaften Schattengenüssen auf Bänken und Wurzeln macht. Wie jedes Sommerfest des Waldorfkindergartens steht auch dieses im Zeichen eines Elements: In diesem Jahr der bereits früh aufgetretenen Dürren und Hitzewellen ist es das Wasser.

Passenderweise scheinen Kinder- wie Elterngemüter an diesem Nachmittag allesamt einzutauchen – die Kleinen in die sechs Erlebnisstationen rund um das flüssig-frische Element, die Älteren in die Gespräche der versammelten Gemeinschaft. Doch die vielen glänzenden Elternaugen zeugen davon, dass diese wohltuenden Stunden des Beisammenseins nicht nur von der Friedlichkeit des Gartens, den zahllosen Leckereien und lachenden Kinderstimmen getragen werden. Es muss noch etwas Anderes passiert sein. Was hat all diese Menschen derart eingestimmt?

Es ist die Zeremonie, mit der diese Stunden eingeläutet wurden: Die Wiesenblumen sind an diesem Tag nicht etwa nur im Garten verwurzelt zu bestaunen, sie zieren auch die Köpfe der Kinder und Erzieherinnen. Üppige und zarte, blumige und kräutrige, regenbogenleuchtende und dezente Kränze. Eine Biene würde durchdrehen vor Freude. Von einem Ast aus könnte sie an diesem Tag ein tanzendes Blütenmeer beobachten. Auf dem Vorhof des Kindergartens strömen die so geschmückten Kinder zusammen und tanzen alsbald Hand in Hand mit ihren Freunden und Erzieher*innen. Sie bilden eine Spirale, die in immer neuen Liedzeilen die Festlichkeit des Augenblicks verbreitet.

Später dann werden alle Mamas für eine Tanzstrophe in den Kreis eingeladen. Und anschließend halten sich auch alle Väter an den Händen und singen in der Mitte der Festgemeinde – begleitet von schallendem Gelächter der Kinder. Warum dreißig tanzende Väter mehr Lachen hervorrufen als der beste Witz, sollte eines jener Geheimnisse bleiben, das Kinder nur mit Gleichaltrigen teilen.

Nach diesem Zeremoniell zu Beginn gleiten dann Kinder wie Schwärme von Fischen durch die Gartenpfade und zwischen den Spielstationen – eigentlich mehr Sinnesoasen – umher. Jedes Gemüt findet seine ökologische Nische, ist so gebannt, dass die versammelte Kinderschar kaum zu locken ist mit den Köstlichkeiten, die die Elterngemeinde für dieses Fest gebacken und gekocht hat. Jede Erlebnisstation ist wie eine kleine Inselwelt, in der die Kinder die Pfade des Wassers erkunden können. Es gibt nicht viel an Betreuung zu tun für die Eltern, wenn die Kinder so gefesselt spielen und gestalten, als würden sie Tauchgänge in einem Korallenriff unternehmen. So werden an diesem Nachmittag Flüsse mit dem Floß überquert und Murmelschätze aus dem Strand ausgegraben. An einer anderen Station formen warme Kinderhände aus Wachs und Hingabe Fische – stromlinienförmige Exemplare ebenso wie Kugelfische. Unter Weidenruten werden Angeln geschnitzt, die an den Wassertrögen nebenan zum Werkzeug werden, um die Wachsfischlein aus dem Wasser zu ziehen. Und würden die vielen Füße von diesem Fest erzählen, sie könnten von dem Fühlpfad schwärmen, der mit einer erfrischenden Pfütze endete, die die verbundenen Kinderaugen nicht kommen sahen.

Aufregung kam an diesem Tag nur auf, sobald die eigene Kindergartengruppe endlich zum Puppentheater gerufen wurden: Froschkönig. Ein Klassiker, der Wasser und Land verbindet, Mensch und Tierreich, Spiel und Verantwortung.

Am Ende dieser aus der Zeit geschwappten Feststunden durchfährt manche Eltern eine sinnliche Gewissheit: Ebenso, wie die Blüten der Pflanzenwelt nur durch das ewigbeständige Tun und Ruhen – den Rhythmus von Tag und Nacht – so prächtig werden konnten, so musste auch dieses Fest mit seinen Tänzen und Liedern wachsen und gedeihen. Wohl an Kindergartentagen voll spielerischer Bewegung und alltäglichem Trällern. Lebenszeit, von der die Eltern meist nur die Ausgeglichenheit ihrer Kinder, nicht jedoch all die Geschichten der Kindergartenwelten erfahren.

Darum waren die Tänze und Lieder an diesem Sommerfest keine Vorführung im Sinne einer Aufführung. Vielmehr führten uns die Kinder vor Augen, wie gerne sie hier sind, wie viel Leben sich hier täglich ereignet, wie groß all diese kleinen Tanzschritte und Töne sind, die aus diesem Kindergartenvorhof einen Hauptschauplatz ihrer Kindheit machen.

Das Klingeln einer Glocke versammelt zum Schluss noch einmal die Aufmerksamkeit aller, um dann gemeinsam zu einem Chor anzuheben: „Geh aus mein Herz und suche Freud | In dieser lieben Sommerzeit“. Die Haarkränze sitzen mittlerweile auf den Köpfen der Mütter und Väter.

Verabschiedet werden die Kinder an diesem Tag mit Keksfischlein. Manche davon schwimmen sogleich in die Bäuche. Wonnewogen.